
KI in der Chemie – Nur Nebensache oder doch Schlüssel zur Wettbewerbsfähigkeit? Stellen Sie sich vor, Sie führen ein mittelständisches Chemieunternehmen. Ihre Prozesse laufen, aber der Wettbewerb wird härter, Kunden erwarten Innovation – und dann kommt die Frage: Wie können wir mithalten? Während einige Unternehmen KI noch als Zukunftsmusik betrachten, nutzen andere sie bereits, um smarter zu produzieren, gezielter zu verkaufen und Innovationen zu beschleunigen. Doch wo steht die Chemiebranche wirklich, und lohnt sich der Einstieg?
Zusammenfassung
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Inhaltsverzeichnis
1. Wo stehen Chemiefirmen mit der Nutzung von KI – ein kurzer Branchen-Review
Die deutsche Chemiebranche ist innovativ: 76 % der Unternehmen entwickelten 2023 neue Technologien (ZEW). Dennoch betrug der Umsatzanteil aus Produktinnovationen nur 14,3 %. KI könnte helfen, diesen Widerspruch zwischen Innovationskraft und Wirtschaftlichkeit aufzulösen.
Interessanterweise setzen laut Fraunhofer nur 8 % der Chemie- und Pharmaunternehmen aktiv auf KI, und gerade mal 13 % erwägen einen Neueinstieg (Fraunhofer 2024). Im Vergleich: Im Fahrzeugbau nutzt bereits jedes dritte Unternehmen KI. Auch international steckt die Branche noch in den Anfängen. In einer Studie von McKinsey liegt die Adoptionsrate generativer KI in der Chemieindustrie bei nur 14 %, während der branchenweite Durchschnitt bei 23 % liegt.
Das Potenzial ist jedoch enorm: Prognosen zufolge könnten durch KI weltweit zusätzliche Werte von 80 bis 140 Mrd. USD in Forschung, Betrieb, Vertrieb und Support generiert werden (McKinsey 2024). Unternehmen, die jetzt einsteigen, haben klare Wettbewerbsvorteile.

2. KI-Anwendungsbereiche und inspirierende Fallbeispiele
Wie kann KI nun konkret genutzt werden? Die Anwendungsbereiche sind tatsächlich vielfältig: Von präziser Zielgruppenansprache und automatisierter Lead-Generierung bis hin zur Optimierung von Produktionsprozessen und beschleunigten Innovationszyklen. Nachfolgend einige inspirierende Beispiele:
2.1 KI als Wettbewerbsvorteil in Marketing & Vertrieb
KI kann helfen, Umsätze um 10–20 % zu steigern und Kundenabwanderung um 10–20 % zu reduzieren (McKinsey). Das klingt erstmal gut. Aber wie soll das funktionieren? Hier sind drei Praxisbeispiele, die besonders für kleine und mittlere Chemieunternehmen spannend sind:
A) Zielgruppenanalyse mit Präzision – Wer kauft eigentlich wirklich?
Viele Chemie-KMUs bedienen Nischenmärkte mit speziellen Produkten. Doch wer genau sind eigentlich die idealen Kunden und wo gibt es noch ungenutztes Potenzial?
KI durchforstet Daten, analysiert Branchenentwicklungen und zeigt genau auf, welche Unternehmen am meisten von einem Produkt profitieren könnten.
Beispiel: Ein Hersteller von Spezialharzen nutzt KI, um weltweit zu identifizieren, welche Branchen verstärkt nach nachhaltigen Kunststoffen suchen. Statt zielloser Werbung erhält jeder potenzielle Kunde maßgeschneiderte Angebote.
Chancen: Haben Sie schon mal daran gedacht, dass KI sogar Marktveränderungen frühzeitig erkennen kann? Wer heute weiß, wo morgen die Nachfrage steigt, hat den entscheidenden Vorsprung.
B) KI-gestützte Content-Erstellung – Marketing auf Autopilot
Marketingteams in Chemieunternehmen sind oft klein – oder nicht existent. Dennoch brauchen Kunden relevante Informationen: Produkt-Updates, Anwendungsberichte, News zu Innovationen.
Was wäre, wenn eine KI wöchentlich Blogartikel schreibt, Social-Media-Beiträge erstellt und sogar Newsletter optimiert?
Beispiel: Ein mittelständisches Chemieunternehmen setzt auf KI, um Content automatisch zu erstellen und die besten Werbebotschaften basierend auf Nutzerreaktionen anzupassen. Das spart Zeit und steigert die Effizienz – zumindest fast. Denn am Ende zählt auch Ihre persönliche Note.
Chancen: KI-Lösungen können nicht nur schreiben – sie können auch messen, welche Inhalte wirklich Kunden anziehen, und die Strategie kontinuierlich optimieren.
C) Automatisierte Lead-Generierung – Die richtigen Kunden, zur richtigen Zeit
Vertrieb in der Chemiebranche ist komplex. Verkaufszyklen ziehen sich oft monatelang hin. Doch was wäre, wenn KI schon im Vorfeld herausfiltert, welche Interessenten wirklich Kaufpotenzial haben?
Beispiel: Die Covestro AG testet, wie Machine Learning dabei hilft, potenzielle Kunden an allen digitalen Kontaktpunkten zu identifizieren – ob Website, LinkedIn oder Fachforen. Moderne KI-Systeme helfen, potenzielle Kunden genau dann zu erreichen, wenn sie sich für ein Produkt interessieren.
Chancen: KI kann und soll das Vertriebsteams nicht ersetzen, aber sie macht sie effizienter. Während andere noch in der klassischen Kaltakquise versinken, sprechen smarte Unternehmen nur mit den heißesten Leads.
2.2 KI als Erfolgsfaktor in der Forschung, Entwicklung & Produktion
KI ist nicht nur im Marketing und Vertrieb ein Gamechanger, sondern auch in der Produktion und Forschung. Hier einige beeindruckende Anwendungsfälle:
A) Smarte Produktion: Mit KI zur Null-Fehler-Fertigung
Produktionsdaten gibt es in Hülle und Fülle – aber sie werden oft nicht genutzt. KI kann Maschinen und Prozesse in Echtzeit analysieren und optimieren. Besonders effektiv wird das Ganze in Kombination mit bewährten Methoden wie Advanced Process Control (APC):
Unregelmäßigkeiten werden automatisch erkannt und ausgeregelt.
Störungen lösen sich, bevor sie zum Problem werden.
Durchsatz und Produktqualität steigen – ohne zusätzliche Investitionen.
Beispiel: Solidia Technologies nutzt KI, um den CO₂-Härtungsprozess bei der Betonherstellung zu optimieren. Die präzise Steuerung der Materialeigenschaften verbessert nicht nur die Qualität des Betons – sie senkt auch den ökologischen Fußabdruck erheblich.
Chancen: Wer denkt, dass nur große Konzerne solche Technologien nutzen können, irrt. Gerade für Mittelständler ist KI ein mächtiges Werkzeug, um mit wenig Aufwand große Effizienzsprünge zu erzielen.
30–40 % höhere Produktivität in der Wartung durch Predictive Maintenance
>10 % mehr Ertrag & Durchsatz in der Produktion
65 % weniger Lieferkettenprobleme & 50 % geringere Verwaltungskosten
(McKinsey 2024) |
B) Forschung & Entwicklung: KI als Katalysator für Innovationen
Neue Materialien zu entwickeln ist aufwendig und nicht ohne Risiko. KI kann diesen Prozess erheblich beschleunigen:
chemische Reaktionen simuliert, bevor sie im Labor stattfinden.
die besten Rezepturen für neue Produkte berechnet.
Muster erkennt, die Forschern sonst verborgen bleiben würden.
Praxisbeispiele für KI-gestützte…
Materialforschung: Evonik hat gemeinsam mit IBM ein Deep Neural Network entwickelt, das präzise die Eigenschaften und Rezepturen von Hochleistungspolymeren vorhersagt. Das spart unzählige Laborversuche und liefert den Forschern vielversprechende Entwicklungsansätze (Evonik und IBMs sind natürlich keine KMU, aber)
Peptidforschung: Nuritas setzt KI ein, um bioaktive Peptide in pflanzlichen Proteinen zu identifizieren. Diese könnten nicht nur gesundheitsfördernde Eigenschaften besitzen, sondern auch in Ernährung, Kosmetik und Pharmazie völlig neue Anwendungen ermöglichen.
Fermentation: Evolva kombiniert digitale Technologien mit KI, um Fermentationsprozesse zu optimieren. So entstehen nachhaltige Inhaltsstoffe für Lebensmittel, Kosmetik & Co. – mit gesteigerter Effizienz und höherer Ausbeute.
2–3-fach schnellere Entdeckung neuer Moleküle & Materialien
Reduktion von R&D-Zyklen durch effizientere Datenverarbeitung
(McKinsey 2024) |
Ob smarte Produktion, vorausschauende Wartung oder revolutionäre Forschung – Künstliche Intelligenz ist längst kein „Nice-to-have“ mehr, sondern ein entscheidender Wettbewerbsfaktor. Die Frage ist nicht mehr, ob KI die Chemieindustrie erobert, sondern wie schnell Unternehmen ihre Chancen ergreifen.
3. Realistische Erwartungen, smarte Umsetzung
„Schön und gut, dass einige Chemieunternehmen bereits erfolgreich KI einsetzen, aber …“ – vielleicht geht Ihnen genau dieser Gedanke gerade durch den Kopf. Und ja, es stimmt: KI ist kein Allheilmittel. Gute KI-Lösungen erfordern Investitionen in Zeit und Geld, und mit dem AI Act kommen zusätzliche regulatorische Anforderungen hinzu, die das Thema nicht gerade einfacher machen.
In der Praxis erleben wir häufig zwei Extreme: Manche Unternehmen unterschätzen die Möglichkeiten der KI und sehen sie lediglich als praktisches Tool für Texte, E-Mails oder Recherche. Andere hingegen überschätzen ihre Möglichkeiten und erwarten eine Lösung, die auf Knopfdruck alle Herausforderungen beseitigt – nur um dann enttäuscht zu sein, wenn ein KI-Projekt mit Aufwand und initialen Kosten verbunden ist. Gerade in mittelständischen Betrieben mit begrenzten personellen und finanziellen Ressourcen wird das Thema dann schnell vertagt.
Dabei gibt es längst eine Vielzahl an KI-Tools für Marketing, Vertrieb und Produktion – und ChatGPT ist nur eines von vielen. Zudem sind spezialisierte KI-Dienstleister inzwischen auch für kleinere Unternehmen eine realistische Option, um maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln. Die Technologie ist also nicht das Kernproblem – es geht vielmehr um die richtige Herangehensweise.
Wir verwenden daher ein KI-Reifegradmodell, das Unternehmen einen strukturierten, schrittweisen Einstieg ermöglicht. So lassen sich Potenziale gezielt nutzen, ohne unnötige Risiken einzugehen.
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Quellen:
Foto (abgeändert) von Geralt, Pixabay
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